Geistlicher Impuls für den Monat Mai

„Stubenarrest“

Liebe Kolpingfreunde,

Der Corona-Virus mit allen Facetten ist heutzutage in aller Munde! Vor Kurzem kam bei mir folgender Gedanke hoch. Vielleicht ging es euch auch so in eurer Kinder- und Jugendzeit.

Habt ihr auch Stubenarrest bekommen, wenn ihr was Schlimmes angestellt habt? Stubenarrest war für mich als Kind die größte Strafe überhaupt. Draußen hörte ich meine Freunde spielen. Sehnsüchtig schaute ich aus dem Fenster. Nicht nur einmal verspürte ich den Drang, das auferlegte Gebot der Eltern zu missachten und einfach abzuhauen.

Im Moment hat unser ganzes Land so etwas, wie Stubenarrest. Auch wenn es in diesen Tagen gelockert wird und wir für wichtige Besorgungen unsere Häuser und Wohnungen verlassen dürfen, bleibt dieses Gefühl des Hausarrestes. Die großen Veranstaltungen werden der Reihe nach abgesagt, so auch verschiedene Volksfeste, das Zeltlager unserer Kolpingjugend und die Landeswallfahrt nach Bamberg. Auch wenn es noch sehr lange Zeit dahin ist, wirkt die beschlossene „Quarantäne“, die am Anfang von vielen belächelt wurde, noch lange nach.

Da ist gut zu sehen, wie die Menschen sich gegenseitig begegnen, sehr vorsichtig, genügend Abstand halten, Schutzmasken tragen. Die allermeisten halten sich an das Gebot. Einige büchsen doch immer wieder aus. Ich glaube, das liegt in der Natur des Menschen. Wir tun uns schwer zu verstehen, dass das Gebot keine Strafe ist, sondern ein Schutz.

Ich weiß nicht, was wir aus dieser Krise für unser Leben lernen. Aber unser Umgang miteinander wird sicherlich anders werden. Wir lernen, dass wir anders mit uns umgehen müssen, dass nicht so sehr der Egoismus der Menschen im Mittelpunkt steht, sondern dass wir wieder mehr dieses Wir-Gefühl in das Zentrum unseres Lebens stellen müssen.

Wir als Kolpinggemeinschaft – seien es nun die Kinder, die Kolpingjugend und die Erwachsenen – spüren es im Moment als Mangel, dass wir uns nicht treffen können, dass wir gleichsam Stubenarrest haben. Die neuen Medien machen es uns möglich, dass wir jetzt miteinander sprechen und uns zwar viral begegnen können, bei diversen Telefon- und Videokonferenzen. Aber, zumindest mir geht es so, ich freue mich schon wieder, wenn wir uns wieder treffen können. Wir Menschen brauchen diesen sozialen Kontakt. Auf Dauer wird sonst unser Leben verarmen und verseinsamen.

So wünsche ich uns, dass wir über diese Krise bald hinwegkommen, dass wir gesund bleiben an Leib und Seele. Seien wir Menschen, die aus der Hoffnung leben, die in der frohen Botschaft wächst. Danke für alle die guten Werke, die ihr für die Menschen organisiert, die nicht mehr aus den Häusern und Wohnungen gehen können und dürfen.

So rufe ich Euch zu: Beten wir füreinander in diesen schweren Zeiten. Lassen wir die Menschen um uns herum nicht allein, die unsere Hilfe brauchen. Mein letzter Wunsch: Bleibt’s gesund.

Mit herzlichen Kolpinggrüßen

Karl-Dieter Schmidt, Diözesanpräses